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Fachartikel aus MECHATRONIK 7-8/2015, S. 44 bis 45

MECHATRONIK-Interview

Lohnender Blick aufs C-Teil

Über Steckverbinder und deren Beitrag zur Maschinenzuverlässigkeit spricht MECHATRONIK mit Andreas Bauer, Leiter Produktmanagement bei Lapp Kabel.

Bild: U.I. Lapp
  (Bild: U.I. Lapp)

MECHATRONIK: Steckverbinder sind C- Teile. Warum lohnt es sich für Maschinenbauer, genau auf diese Bauteile zu schauen?
Bauer: Jedem noch so kleinen Teil in einer komplexen Maschine sollte man gleich viel Aufmerksamkeit widmen, denn als Ergebnis steht die Gesamtqualität. C-Teile sind mitunter das schwächste Glied in der Kette. Sie zu vernachlässigen, könnte im schlimmsten Fall zu einem Maschinenausfall führen. Wenn Sie zum Beispiel einen Rechteckstecker kaufen, der nicht die geforderte Schutzart erfüllt, oder der nicht entsprechend der vorherrschenden Umgebungsbedingungen ausgewählt wurde, kann es sein, dass er irgendwann ausfällt. Wegen diesem kleinen Bauteil, an dem Sie gespart haben – ob Stecker, Kabelbinder, oder Schutzschlauch – müssten Sie Ihre Maschine außer Betrieb nehmen, Ersatz bestellen, das Ganze tauschen und wieder in Betrieb nehmen.

MECHATRONIK: Wenn Sie sich die Firmenhistorie anschauen, was waren wichtige Meilensteine für das heutige Steckverbinderportfolio?
Bauer: Ein wichtiger Meilenstein war vor allem die frühe Portfolio-Erweiterung um Rechtecksteckverbinder selbst. Oskar Lapp, der Firmengründer und Erfinder der farbkodierten Steuerleitung Ölflex, hat gewusst, dass man zum Kabel einen Stecker benötigen würde. Die Epic-Rechtecksteckverbinder selbst, in der klassischen Form wie wir sie heute kennen, waren also bereits damals der erste Schritt in die Automation, denn damit wurde eine vereinfachte Modularität der Anlagenteile ermöglicht. Jüngst haben wir für Sonderbauformen einen Epic-Gehäusekonfigurator vorgestellt, der theoretisch bis zu 138 Millionen Kombinationen für Gehäuse ermöglicht.

MECHATRONIK: Funktioniert der Konfigurator online?
Bauer: Ja, der Kunde hat die Möglichkeit, mit dem Gehäusekonfigurator sein individuelles Steckverbindergehäuse online zu erstellen, es sich visualisieren zu lassen und sich gleich im Anschluss ein entsprechendes Datenblatt auszudrucken.

MECHATRONIK: Von welchen Stückzahlen oder Losgrößen reden wir?
Bauer: Bei den individuellen Gehäusen, die wir auf Wunsch unserer Kunden anfertigen, ist die Mindestmenge auf vier Stück definiert. Zur Umsetzung innerhalb von fünf Werktagen haben wir in Stuttgart ein hochtechnisiertes Metallbearbeitungszentrum. Sollte ein Gehäuse in der gewünschten Form schon auf Lager sein, erfolgt die Lieferung bei Bestellung bis 18 Uhr sogar am nächsten Arbeitstag. Bestellt man später, erhält man das Bauteil in spätestens 24 Stunden.

MECHATRONIK: Wir sprechen über Epic. Was steckt hinter dieser Bezeichnung und was zeichnet diese Steckverbinderreihe aus?
Bauer: Epic steht für Environmental Protected Industrial Connector, also für einen Rechtecksteckverbinder, der gegen Umwelteinflüsse gewappnet ist – seien sie mechanischer, chemischer, thermischer Natur oder eine Kombination daraus. Flaggschiff ist unser Epic Ultra. Dieser Stecker ist aufgrund seiner Beschichtung besonders resistent gegen aggressive Medien. Seine Edelstahlbolzen und Verriegelung sorgen für mechanische Stabilität. Zudem ist er als EMV-Ausführung gegen elektromagnetische Einflüsse geschützt.

MECHATRONIK: Wir haben schon über Modularität und Konfiguration gesprochen. Wie sieht es mit dem Design und der Funktionalität aus?
Bauer: Legt man heute die Gehäuse mehrerer Hersteller nebeneinander, muss man schon genau hinsehen, um die Produkte zu differenzieren. Die Herausforderung ist, aufgrund der Bauart Produktvorteile zu erkennen, die sich unmittelbar auf die Funktionalität auswirken. Bei unseren Gehäusen sind die Bolzen zum Beispiel angenietet, weshalb sie mechanisch stabiler sind als bereits im Werkzeug mit angegossenen Bolzen. Zudem ermöglichen nach der Gehäusefertigung angenietete Bolzen die Positionierung an verschiedenen Stellen. Dadurch wird die Flexibilität und Wirtschaftlichkeit bei Sonderbauformen erhöht. Edelstahlverriegelungen, die unter Spannung am Stahlbolzen reiben, halten im Feld länger als herkömmliche angegossene Bolzen, da diese einen erhöhten Abrieb haben. Dies ist ein wichtiger Aspekt bei der hohen Zahl von Steckzyklen, die heute gefordert werden. Bei Epic Ultra gehen wir sogar so weit, dass wir den Zwischenstutzen direkt ans Gehäuse anspritzen. Das ermöglicht die Verwendung von Teilen unserer Skintop-Verschraubung, welche sich positiv auf die IP-Schutzart auswirken und eine effektive EMV-Kontaktierung des Kabelschirms mittels EMV-Bürste ermöglichen. Die Beschichtung des Ultras sieht nicht nur schöner aus, sondern ist in Bezug auf die Funktionalität resistenter als die marktübliche Pulverbeschichtung oder Hammerschlaglackierung von alubasierten Gehäusen.

MECHATRONIK: Wie richten Sie die Varianten aus?
Bauer: Lapp hat ein Portfolio, das flexibel und umfangreich ist und einen klaren Vorteil für den Anwender bringt. Aber, wo es viele Möglichkeiten gibt, steigt auch die Komplexität – das macht es dem Kunden nicht einfacher. Speziell in Bezug auf Steckverbinder hat der Kunde die Möglichkeit, viele Teile zu kombinieren. Als Auswahlhilfe haben wir ein weiteres Online-Tool, den Epic Steckerfinder, in dem man sich seinen Stecker und die Komponenten aussuchen kann. Besonders wichtig ist uns auch die Modularität innerhalb einer Produktserie. Nehmen wir zum Beispiel ein Sonderkabel: Hier betrachtet man unter anderem den Durchmesser der Leitung, die Anzahl der Pole, die Einsätze, die Art der Kontakte, deren Montage wie Schraub-, Crimp-, oder Push-In. Das Epic- Modular-System ermöglicht es, einen passenden Stecker zu bauen, sogar mit Netzwerkanschluss oder für optische Kabel. Diesen modularen Bereich wollen wir weiter ausbauen.

MECHATRONIK: Wo sind die Steckverbinder preislich und im Verhältnis Preis/Qualität angesiedelt?
Bauer: Das kommt auf das Produkt, Menge und Projekt an. Ich nenne Ihnen ein Beispiel zum Epic-Ultra-Steckverbinder: Vom Preis-Leistungs-Verhältnis her ist mir kein Stecker bekannt, der entsprechende Eigenschaften zu dem Geld bietet: EMV, mechanische, chemische Belastbarkeit, die Schutzart und auch die Langlebigkeit, die er durch sein Design und seine Bauform mit sich bringt.

Das Interview führte Nico Schröder, Chefredakteur MECHATRONIK


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