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Fachartikel vom 03/05/2012

Lichtwellenleiter eröffnen neue Perspektiven für die Datenübertragung in der Automatisierung

Fit für Applikationen von heute und morgen

Lichtwellenleiter kommen heute sowohl auf der Management- als auch auf der Leitebene von Ethernet-Netzwerken zum Einsatz. Über kurz oder lang werden sie auch die Feldebene dominieren, denn mit industrietauglichen aktiven und passiven optischen Komponenten lassen sich wartungsfreie Infrastrukturen realisieren, die auch künftigen Anwendungen genügend Performance bieten.

Bild: eks Engel
Lupe
Lichtwellenleiter bieten nicht nur eine extrem hohe Bandbreite, sondern können auch in unmittelbarer Nähe von Energieleitungen oder anderen elektromagnetischen Quellen verlegt werden. (Bild: eks Engel)

Licht breitet sich in Lichtwellenleitern durch Totalreflexion der Strahlen im Lichtwellenleiterkern aus. Übertragungsverluste sind durch moderne Herstellungsverfahren inzwischen bis zu den physikalisch vorgegebenen Grenzen reduziert worden. Das heißt, nur noch die – unvermeidbare – Mikrostruktur des hochreinen Glases stört die Lichtwelle und bestimmt so die physikalisch mögliche Untergrenze der Dämpfung. Die Dämpfung selbst wird durch verschiedene Faktoren wie Entfernung und Wellenlänge, Absorptions-, Streuungs- und Strahlungsverluste sowie Verbindungselemente und Spleiße hervorgerufen.

Schnelle und sichere Datenübertragung

Lichtwellenleiter bestehen aus einem Kern und einem Mantel, die fest miteinander verbunden sind und sich – je nach Typ – nur durch den Brechungsindex unterscheiden. Der Durchmesser eines Glasfaserkerns kann mit gerade mal 9 µm zehnmal kleiner als der eines menschlichen Haares sein. Dennoch ist dieses Medium den wesentlich dickeren und auch teureren Kupferkabeln in vieler Hinsicht überlegen. Denn Übertragungsraten von 10 Gbit/s sind mit Lichtwellenleitern ein Kinderspiel, und Entfernungen von bis zu 40 km lassen sich mit ihnen problemlos überbrücken. Zudem wird Licht nicht durch elektrische oder magnetische Störungen beeinflusst. Deshalb können Lichtwellenleiter auch in unmittelbarer Nähe von Energieleitungen oder anderen elektromagnetischen Quellen verlegt werden, was die Kabelführung vereinfacht. Da alle Arten von Lichtwellenleitern aus elektrisch nicht leitfähigem Material bestehen, werden die Daten stets über einen elektrischen Isolator übertragen. Somit treten über Datenleitungen auch keine Potentialausgleichsströme auf, die gerade bei ausgedehnten Anlagen gefürchtet sind.

Selbst bei Blitzeinschlägen besteht kein Zerstörungsrisiko für die angeschlossenen Geräte. Außerdem ist bei Lichtwellenleitern – anders als bei Kupferkabeln – keine Erdung beziehungsweise zusätzliche Abschirmung erforderlich. Auch in punkto Torsion sind Lichtwellenleiter deutlich widerstandsfähiger und damit langlebiger. Hinsichtlich des Einsatzes in rauer und nasser Umgebung sowie bei großen Temperaturschwankungen unterscheiden sie sich dagegen nicht von Kupferkabeln. Denn die mechanischen Eigenschaften werden durch den Aufbau des Kabels bestimmt und nicht durch die im Innern verlaufenden Glasfasern oder Kupferadern. Auch hinsichtlich des Preises besteht zwischen Kupferkabeln und Lichtwellenleitern kein nennenswerter Unterschied. Allerdings ist 1 kg dieses Mediums so leistungsfähig wie 1000 kg Kupfer. Schließlich spricht auch die Rohstoffbilanz eine deutliche Sprache. Denn Kupfer ist eigentlich zu schade, um es in Form von Kabeln zu verlegen. Glasfasern bestehen dagegen aus Silikat, das in nahezu unbegrenzter Menge zur Verfügung steht. Dies gilt ebenso für die Ausgangsmaterialien von Lichtwellenleitern, die aus Kunststoff hergestellt werden.

POF- und HCS-Fasern bilden praktische Alternative

Bild: eks Engel
Der managed Fast-Ethernet-Switch e-Light 2 MRP, der mit optischen Anschlüssen für alle gängigen Lichtwellenleiter angeboten wird, überwacht mit dem integrierten Monitoring-System Fiber View permanent den Zustand der Lichtwellenleiterstrecken. (Bild: eks Engel)

Gegen den Einsatz von Lichtwellenleitern wird oft eingewendet, dass diese nicht ganz einfach anzuschließen seien. Das ist mit Blick auf Multimode- und Singlemodefasern sicher richtig, auch wenn die Anschlusstechniken immer komfortabler werden. Da sich Produktionsanlagen jedoch häufig nur über mehrere 100 m erstrecken, können dort auch POF- oder HCS-Fasern eingesetzt werden. POF (Polymere Optical Fiber) ist eine reine Kunststofffaser mit einem Kerndurchmesser von 980 µm, die sich ohne Spezialwerkzeug anschließen lässt – ein scharfes Messer und feinkörniges Schleifpapier reichen aus. HCS (Hard Clad Silica) ist eine Hybridfaser, die aus einem Glaskern von 200 µm und einem Mantelglas mit einem Durchmesser von 230 µm besteht. Der Unterschied zu „klassischen“ Lichtwellenleitern liegt in dem Material des optischen Mantels, der aus einem wenige µm dünnen, äußerst harten Kunststoff besteht. Bei der Konfektionierung muss lediglich das am Stecker überstehende Faserende abgeschnitten werden, was mit einem sogenannten Cleave-Tool problemlos funktioniert.

Die unterschiedlichen Lichtwellenleiter können mit ST-, SC- oder E-2000-Steckern angeschlossen werden. Für Single- und Multimode gibt es zudem SC-Stecker, die die BiDi-Technik (Bidirektionelle Kommunikation) unterstützen, mit der über lediglich eine Faser in zwei Richtungen kommuniziert werden kann. Ethernet-Switche und Ethernet-Medienkonverter, die für diese Anschlusstechniken ausgelegt sind, werden von verschiedenen Herstellern angeboten. Für die Übertragung der Daten stellen diese Netzwerkkomponenten ein Budget (Differenz aus Sendeleistung und Empfangsempfindlichkeit) zur Verfügung, mit dem die je nach Lichtwellenleiterstrecke erforderliche Dämpfung überbrückt werden kann. Diese nimmt jedoch im Laufe der Zeit oft schleichend zu, etwa durch lockere Verbindungselemente, Staub und Schmutz, Lichteinfall, mechanische Beanspruchung oder Veränderungen der Netzwerktopologie. Das ließ sich bisher nur durch aufwändige Messungen – etwa mittels optischer Reflektometrie (OTDR) – herausfinden. Moderne Netzwerkmanagement- und SCADA-Systeme (Supervisory Control and Data Acquisition) können zwar den Status der aktiven Komponenten anzeigen, jedoch nicht den Zustand der einzelnen Lichtwellenleiterstrecken.

Frühwarnsystem für Lichtwellenleiterstrecken

Mit Fiber View gibt es jetzt ein Monitoring-System, das speziell für diese Aufgabe entwickelt wurde. Es besteht aus einer Hard-/Software-Kombination, die in die aktiven Netzwerkkomponenten integriert wird und pro Port das Budget der jeweiligen Lichtwellenleiterstrecke permanent überwacht. Mit drei LEDs an der Front der Switche sowie einer zusätzlichen Bedienoberfläche, auf die via Web-Interface zugegriffen werden kann, wird mit einer Ampel angezeigt, ob das Budget im grünen, gelben oder roten Bereich liegt. Bei Gelb bewegt es sich gerade noch oberhalb der definierten Systemreserve von 3 dB. Da diese Frühwarnstufe zudem über einen potentialfreien Kontakt signalisiert wird, kann sie in SCADA-Systemen auch zentral ausgewertet werden. Im Unterschied zu Status-Meldungen, die häufig interpretiert werden müssen, ist das Ampel-Prinzip eindeutig und allgemein verständlich. Zudem ermöglicht die Gelbphase ein vorausschauendes Handeln. Denn die Dämpfung ist noch nicht zu hoch, oder anders ausgedrückt: Die Lichtwellenleiterstrecke funktioniert weiterhin. Jedoch sollten jetzt Wartungs- beziehungsweise Instandsetzungsmaßnahmen eingeleitet werden, um einem Ausfall vorzubeugen. So trägt das Monitoring-System dazu bei, die Produktivität zu steigern und gleichzeitig Kosten für Notfalleinsätze zu sparen.

Bild: eks Engel
Die feldtaugliche Kompakt-Spleißbox FIMP XL, die dank MPO-Technologie ein hohe Packungsdichte ermöglicht, lässt sich vielseitig einsetzen. Die Kupplungen und Patchkabel werden mit einer Schutzhaube vor mechanischen Einflüssen geschützt. (Bild: eks Engel)

Für die Verkabelung von aktiven Netzwerkkomponenten und Endgeräten spielen feldtaugliche Spleißboxen eine wichtige Rolle. Denn mit ihnen kann der zentrale Übergabepunkt, der bisher in aller Regel in 19-Zoll-Schaltschränken untergebracht ist, näher und damit dezentral an die Maschinen herangebracht werden. Die Spleißboxen der Familie FIMP lassen sich einfach und schnell installieren, da sie kundenspezifisch bereits spleißfertig bestückt und mit Spleißkamm, Spleißablage, Kupplungen, Pigtails sowie Kabelverschraubung versehen sind. Darüber hinaus kann mit Patchkabeln rangiert werden, wodurch sich unterschiedliche Stecker einsetzen lassen.

Know-how-Transfer aus der IT-Welt

Das jüngste Mitglied der FIMP-Familie, die Spleißbox FIMP XL, zeigt, dass bewährte Technologien aus der IT-Welt auch in der Automatisierung genutzt werden können. Denn diese für bis zu 24 Lichtwellenleiter-Fasern ausgelegte Spleißbox hat ein Set, mit dem sich die MPO-Technologie (Multipath Push-On), die wegen ihrer hohen Packungsdichte vor allem in Rechenzentren verwendet wird, auch auf der Feldebene einsetzen lässt. Dabei kann die MPO-Kupplung sowohl außen am Gehäuse als auch im Innern der Spleißbox platziert werden. Aufgrund der hohen Flexibilität bei der Kabelzuführung lässt sich die Spleißbox beispielsweise auch als Durchgangsverteiler nutzen. Um die Kupplungen und Patchkabel vor mechanischen Einflüssen zu schützen, können diese mit einer Schutzhaube abgedeckt werden.Trotz der vielfältigen Vorteile, die eine optische Datenübertragung für die Automatisierung bietet, werden heute immer noch allerlei Kunstgriffe angewendet, um auch den letzten Rest an Performance aus bestehenden Kupferkabel-Installationen herauszuholen. Das mag sinnvoll sein, wenn es darum geht, bestehende Anlagen weiter nutzten zu können. Für neue, zukunftssichere Projekte taugt diese mittlerweile in die Jahre gekommene Technologie jedoch nicht mehr. (il)