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Fachartikel vom 01/26/2016

Schaeffler/Siemens Healthcare

Wie Computertomographen fahren lernten

Entwickler von Siemens Healthcare und Schaeffler haben an der Technik für Sliding Gantries geforscht. Siemens konzentrierte sich auf CT-Gerät, Bildgebung und Scannersteuerung, und Schaeffler auf die mechatronische Linearsystemlösung beim Fahrsystem.

Bild: Siemens
Der fahrbare CT kann in zwei Räumen genutzt werden, sowohl im Raum für Routinescans als auch im Schockraum. Bei Bedarf lässt er sich auf Schienen bis zu sechs Meter in den benachbarten Raum fahren. (Bild: Siemens)

Medizinischer Fortschritt bei Fahrsystemen für Computertomographen (CT), den so genannten Sliding Gantries: Am Schaeffler-Lineartechnik-Standort in Homburg an der Saar berichteten die beteiligten Siemens- und Schaeffler-Entwickler am 16. Dezember 2015 über die innovativen Nutzungsmöglichkeiten dieses Produkts.

Dr. Christoph Dickmann von Siemens Healthcare beschrieb die Grundidee der Sliding Gantry so: „Während bei einem Computertomographen normalerweise der Patient mit der Liege durch das Gerät fährt, bewegt sich beim Sliding Gantry CT das Gerät während der Bildgebung über den Patienten, der auf einem fest eingestellten Tisch liegt, beispielsweise bei einer Operation. Das ermöglicht neue Nutzungsmöglichkeiten, besonders für die therapeutische Bildgebung. Darüber hinaus kann das CT in zwei Räumen mit zwei ortsfesten Patientenliegen eingesetzt werden, zwischen denen der Scanner verfahren werden kann“.

Prof. Dr. Reith vom Universitätsklinikum des Saarlandes bot in seinem Gastvortrag einen Einblick in die medizinische Praxis bildgestützter Therapie. Besonders hob er den wirtschaftlichen Fortschritt für die Kliniken hervor: „Die Sliding Gantry ermöglicht es in dieser Form das erste Mal, einen einzigen Tomographen abwechselnd in zwei Zimmern einzusetzen. Der Durchsatz lässt sich erhöhen und für Notfälle steht jederzeit ein Schock- oder Interventionsraum mit CT bereit, ohne dass der geplante, klinische Alltag ins Stocken gerät.“


Entwicklung des Fahrsystems


Bild: Schaeffler
Mechatronische Linearsystemlösung der Lineartechnikexperten von Schaeffler für ein Siemens Sliding Gantry Fahrsystem für Computertomographen. (Bild: Schaeffler)

Bei der Entwicklung des Fahrsystems für Computertomographen brachten beide Unternehmen ihre Kernkompetenzen zusammen: Siemens Healthcare konzentrierte sich auf CT-Gerät, Bildgebung und Scannersteuerung, und Schaeffler auf die mechatronische Linearsystemlösung beim Fahrsystem. Dazu erklärte Henning Dombek, Leiter Systemlösungen bei Schaeffler Lineartechnik: „Mit der Übertragung der gesamten Lineartechnik an Schaeffler ging auch die Komplexität der dreidimensionalen Raumanpassung der Gantry in den Krankenhäusern in unsere Verantwortung über, wie beispielsweise die Längenvariabilität am Boden und an der Decke, die Anpassung an die Deckenhöhe und an den Bodenaufbau sowie die teleskopierbare Kabelsäule in mehreren Ausführungen.“

Ziel der beiden Entwickler-Teams war ein All-inclusive-Paket für die Sliding Gantry, das die Logistik für Siemens und für den Projektleiter möglichst einfach machen sollte. Siemens entschied sich dafür, die an individuelle Endkundenverhältnisse angepasste Lineartechnik und Kabelführungen bei Schaeffler in Homburg komplett aufbauen und testen zu lassen. Anschließend wird das Fahrsystem verpackt und zu Siemens Healthcare nach Forchheim versandt.


Spagat zwischen Serie und Stückzahl 1 gelöst


Innerhalb nur eines Jahres entwickelten die Ingenieure von Schaeffler und Siemens gemeinsam die Sliding Gantry. Die Besonderheit bei diesem Projekt bestand darin, dass jedes CT-Fahrsystem für sich ein individuelles Einzelstück darstellt – generiert aus einem Serien-Baukasten mit 1600 möglichen Varianten. Für Schaeffler Lineartechnik ergab sich die Herausforderung, trotz der hohen Varianz, dem Umfeld einer Baustelle und dem gesteckten Kostenrahmen eine Serienlösung zu entwickeln.

Die konstruktive aber auch logistische Aufteilung in das Kernprodukt des Maschinenherstellers und in ein funktionsfertiges Linearsystem ist auch ein Modell für andere Maschinentypen, die erst beim Endkunden komplett aufgebaut werden können. Es entlastet den Maschinenhersteller ganz wesentlich von der Handhabung, Vormontage und Einstellung der Linearsystem-Komponenten im eigenen Werk, entlastet den Warenein- und -ausgang und vereinfacht den Versand. Für den Projektleiter vor Ort reduziert sich die Logistik auf ein Minimum – er kann sich auf einen termingerechten Aufbau der vormontierten Subsysteme konzentrieren. (as)

www.schaeffler.com

www.healthcare.siemens.de

Bild: Siemens
Somatom Definition Edge, Sliding Gantry Konfiguration – ein High-End CT System auf Schienen. (Bild: Siemens)