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Fachartikel aus MECHATRONIK 7-8/2018, S. 36 bis 37

Heraeus

Neuartige Platin-Sensoren überwachen Abgaswerte bei modernen Diesel- und Otto-Fahrzeugen

Sensorik gilt als Schlüsseltechnologie, die eine Senkung von CO2-Emissionen speziell in der Automobilindustrie ermöglicht. Heraeus trägt jährlich mit mehreren Millionen Platinsensoren in Dünnschichttechnik zur Einhaltung der Abgaswerte, zur Absenkung von Verbrauchswerten und zur Betriebssicherheit von Fahrzeugen bei. Der Technologiekonzern bringt jetzt einen neu entwickelten Platin Pt200-Sensor für den Einsatz vor Turbo bis 1100 °C auf den Markt und schiebt damit die Einsatzgrenzen der Platin-Temperatursensorik in neue Dimensionen.

Bild: Heraeus
Stark miniaturisierte Leiterbahnen winden sich beim Pt200 wie eine flach gedrückte Serpentine auf einem Keramikträger. (Bild: Heraeus)

Heute entwickeln Automobilfirmen Motoren mit deutlich höherer Leistungsdichte bei wesentlich geringeren Emissionen. Um künftig den gesetzlich vorgeschriebenen CO2-Flottenausstoß und die Emissionsvorschriften der EURO-Norm zu erfüllen, wird dem „Rightsizing“ (Optimierung des Hubraums) und der Abgas-Nachbehandlung (auch bei Otto-Motoren) eine noch höhere Bedeutung zukommen. Die Grenzen setzen dabei zunehmend die maximalen Einsatztemperaturen der verwendeten Materialien. Bei modernen Turboladern für Benzinmotoren liegt diese derzeit bei ca. 1050 °C. Bislang wurden zur Überwachung dieser Temperatur in Einzelfällen nur teure Thermoelemente eingesetzt. Der neu entwickelte Pt200 Sensor für den Einsatz vor Turbo bis 1100 °C ist eine Alternative.

Pt200: Temperatursensor bis 1.100 °C für Benziner und Turbo

Sind Turbolader und Direkteinspritzung bei Dieselmotoren auch in den kleinen Hubraumklassen mittlerweile Standard, steht diese Entwicklung bei den Benzinern erst am Anfang. Auch bei Otto-Motoren können durch den Einsatz von Turboladern und modernen Einspritztechnologien noch enorme Wirkungsgradsteigerungen erzielt werden. Durch ein- oder gar mehrstufige Aufladungskonzepte sind Leistungsdichten von 150 bis 170 PS pro Liter Hubraum schon Serienstandard.

Heraeus hat speziell für die Applikation der Temperaturüberwachung des Turboladers in Benzinmotoren den Pt200 Platintemperatursensor entwickelt. Um das vorgegebene Entwicklungsziel „einen robusten und dennoch schnellansprechenden Temperaturfühler mit hoher Thermoschock- und Vibrationsbeständigkeit“ zu erreichen, musste neben dem reinen Sensorelement auch die entsprechende Gehäusetechnik mitentwickelt werden. Dabei lag die Herausforderung darin, Materialkombinationen und eine Aufbautechnik zu finden, die über den gesamten Temperaturbereich optimal harmonieren und keine Beeinträchtigung der Sensorcharakteristik bewirken. Mit dieser Entwicklung hat Heraeus die Pt200 „Produkt-Familie“ auf alle abgasrelevanten Applikationen, inklusive „Otto-T3“ ausgeweitet.

An zwei weiteren aktuellen Anwendungsbeispielen lassen sich die An- und Herausforderungen für die moderne Sensortechnologie gut veranschaulichen:

Rußsensoren zur Überwachung von Dieselpartikelfiltern

Um die gesetzlichen Vorgaben der im Fahrzeug integrierten Diagnose-Systeme (OBD2) zur Überwachung von Dieselpartikelfiltern (DPF) zu realisieren, hat Heraeus Rußsensoren auf Platin-Basis entwickelt, die sowohl durch schnelles Ansprechverhalten, als auch durch Langlebigkeit überzeugen. Bei dieser Entwicklung wurden zwei wesentliche Heraeus Stärken – Material Know-how und die langjährige Erfahrung mit Abgassensoren – kombiniert. Die Herausforderung liegt bei resistiven Rußsensoren darin, dass dieses Prinzip bedingt mit offenen (ungeschützten) Leiterbahnen einhergeht und somit allen abgasrelevanten Substanzen über einem weiten Temperaturbereich von − 40 °C bis 900 °C ausgesetzt ist.

Rußsensoren zur Überwachung von Gasoline Partikel Filtern

Um die mittelfristigen CO2-Ziele zu erreichen wird die Direkteinspritzung des Kraftstoffs auch beim Ottomotor eingesetzt. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass bei Direkteinspritzer Benzin-Motoren (GDI) ein vielfach höherer Ausstoß an nanoskaligen Rußpartikeln entsteht. Da die Partikelanzahl bei GDI-Motoren bis zu zehnmal höher als bei einem modernen Dieselfahrzeug sein kann und auch über dem EURO 6c Grenzwert liegt, werden Gasoline Partikel Filter (GPF) mehrheitlich eingesetzt. Entsprechende OBD2-Rußsensoren für GPF werden aktuell bei Heraeus entwickelt.

Lange Tradition: Platinsensoren zur Temperaturmessung

Die Geburtsstunde der modernen Temperaturmesstechnik liegt schon 112 Jahre zurück: Am 1. Juli 1906 ließ Heraeus ein „Elektrisches Widerstandsthermometer aus Platindraht“ vom Kaiserlichen Patentamt des Deutschen Reiches patentieren. Heute entwickeln und produzieren die Sensorspezialisten von Heraeus Millionen von kundenspezifischen Komponenten in Platin-Dünnschichttechnik.

Das Messprinzip ist so einfach wie genial: Es basiert auf der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands, den jedes Metall besitzt. Kennt man den exakten Verlauf dieser Abhängigkeit – die so genannte Kennlinie des Temperatursensors –, lässt sich die Temperatur durch die Messung des elektrischen Widerstands sehr genau ermitteln.

Die modernen Platintemperatursensoren von Heraeus bestehen heute nicht mehr aus Drähten im eigentlichen Sinn. Beim Pt200 (Pt steht für Platin, 200 steht für den Nennwiderstand in Ohm bei 0°C) winden sich zum Beispiel stark miniaturisierte Leiterbahnen wie eine flach gedrückte Serpentine auf einem Keramikträger. Dabei liegen die einzelnen Leiterbahnen nur um den Bruchteil einer Haaresbreite auseinander.